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G9 Gipfel, Berlin
Axel Dörner: tp
Wanja Slavin: as
Tobias Delius: ts
Rudi Mahall: bcl
Gerhard Gschlößl: tb
John Schröder: git
Alex von Schlippenbach: p
Johannes Fink: b
Christian Lillinger: dr

Foto von Robert Hödicke

Ein All-Star-Treffen der Berliner Jazz-Avantgarde

Viel aufregender kann es im Hauptstadt-Jazz nicht zugehen als beim G9-Gipfel, den der Posaunist Gerhard Gschlößl einberufen hat.

Gschlößl selbst gehört zu einer nachwachsenden Szene, die sich von den traditionellen Etiketten des Jazz erfolgreich befreit und in ein weites Feld improvisierter Musik bewegt hat.

Dort treffen sich verspielte Rocker wie The Notwist, die der gebürtige Bayer auf ihrem letzten Album begleitete, forschende Avantgarde wie Ray Anderson, bei dem er in New York studierte und seltsame Easy-Listening-Sun-Ra-Futuristen wie die Big Band Andromeda Mega Express Orchestra, in dem er die Posaune spielt; wilde Saxophon-Großmeister der New Yorker Loft Szene wie Sam Rivers, mit dem Gschlößl auftrat und Klassiker der europäischen Free-Avantgarde wie Alex von Schlippenbach.

Der wird beim G9-Auftritt wohl nun so etwas wie den Ehrenvorsitz übernehmen und sich dabei mit dem Bassklarinettisten Rudi Mahall und dem Trompeter Axel Dörner vermutlich besonders gut verstehen. Beide kennt er von seinem Berlin Contemporary Jazz Orchestra und mit ihrer Band "Die Enttäuschung" hat er in der großartigen Aufführung des Gesamtwerks Thelonious Monks zusammen gespielt.

Dörner und Mahall wiederum gehören zweifellos zu den profiliertesten Musikern der jüngeren deutschen Jazz-Avantgarde - also Leuten um die vierzig, die aus einer Vielzahl von Engagements bereits tiefe Kerben in ihren Instrumenten haben. Wie Gastgeber Gschlößl greifen auch sie in ihrer Arbeit weit um sich.

Mahall etwa findet man in seiner preisgekrönten Free-Jazz-Pop-Band Der Rote Bereich, in Gruppen mit dem australischen Ambient-Free-Drummer Tony Buck und in Ensembles mit dem Post-Punk-Gitarristen und skurrilen Banjo-Exzentriker Eugene Chadbourne, der wie Mahall ein Fats-Waller-Tribute der Pianistin Aki Takase begleitete. Mahall überzeugt dabei durch virtuoses, kraftvolles, humorvolles Spiel und mitunter durch einen körperlichen Einsatz nah am Roten Bereich - wie auch seine preisgekrönte Band heißt, deren Free Jazz selbst vor Popeinflüssen nicht zurückschreckt und deren Ex-Mitglied John Schröder den G9-Gitarristen gibt. Mahalls Die-Enttäuschung-Partner Dörner, der zunächst Klavier und erst später Trompete studierte, besticht vor allem durch Neugier. Traditionelle Nummern sitzen so selbstverständlich wie komplexe Kompositionen, er steckt mit seinem prägnanten kühlen Ton einen Raum zwischen neumusikalischen und elektronischen Kontexten und dem Vitalismus des Saxophonisten Ken Vandermark, in dessen Territory-Band er auftritt.

Zusammen mit Wanja Slavin und Tobias Delius an den Saxophonen sowie dem virtuosen Bassisten Johannes Fink und dem erst 25-jährigen Drummer Christian Lillinger darf man sich auf einen ebenso brisanten wie turbulenten Gipfel freuen. Laut, übrigens, könnte es auch werden.

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